Marktanalyse 2018

Währungsrisiken 2018 im Blick behalten


Marktanalyse 2018: Währungsrisiken 2018 im Blick behalten Kolumne

Vor einem Jahr hatten wir in unserem Marktausblick einen schwächeren US-Dollar und ein nur gebremstes Wachstum in den USA prognostiziert. Den allgemein vorhergesagten Zinssteigerungen standen wir zudem skeptisch gegenüber und sagten allenfalls moderat steigende Zinsen voraus. Tatsächlich hat die US-Notenbank die Zinsen erneut erhöht, allerdings auf ein nach wie vor im historischen Vergleich sehr niedriges Niveau, ohne konjunkturbremsende Wirkungen. Hinzu kommt, dass die US-Banken im Bereich ihrer freien Reserven weiterhin ungewöhnlich flüssig und damit die Voraussetzungen für Unternehmenskredite im Hinblick auf die hohe Bankenliquidität nach wie vor günstig sind. Die USA dürften weiterhin nicht den monetären Rückenwind Europas haben, aber auch noch keinen monetären Gegenwind spüren, der zu einer Börsen-Baisse führen würde.

Skeptiker sehen in den hohen amerikanischen Börsenbewertungen, die im Vergleich zu Europa etwa 20 Prozent und gegenüber den Schwellenländern noch teurer sind, eine Baisse-Gefahr. Gewinnbewertungen haben allerdings in der Vergangenheit als Timing-Instrument für die Börsenentwicklung selten funktioniert. Würde man nach dem 10-Jahres-Kurs/Gewinn-Verhältnis des Wirtschaftsnobelpreisträgers Robert Shiller seine Börsenentscheidungen nach der Gewinnbewertung treffen, hätte man schon 2010 alle Aktien verkaufen müssen.

Anleihemarkt birgt Risiken für Anleger in Europa und den USA

Ausschlaggebend bleibt die Frage, ob der monetäre Gegenwind 2018 zu groß wird oder nicht. Mit anderen Worten gesagt, ob Anleihen wieder attraktiver werden als Dividendenpapiere oder Wachstumsaktien. Solange Anleihen mit ihrer minimalen Rendite allerdings weltweit keine Alternative zu Aktien darstellen - wie es aktuell der Fall ist - dürften die Aktienmärkte per saldo positiv tendieren. Wichtig ist ganz einfach das Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Solange Aktien attraktiver sind als Anleihen und Unternehmen entsprechend Aktienrückkäufe - auch auf Kredit - vornehmen bei gleichzeitig begrenzter Menge an Aktienangebot etwa durch Neuemissionen oder Kapitalerhöhungen, dürfte der Börsentrend insgesamt aufwärts gerichtet bleiben. Dass die Wall Street im internationalen und im historischen Vergleich überteuert erscheint, spielt dabei keine Rolle.

Die Hauptgefahren für Anleger dürften in Zukunft auch weniger vom Aktienmarkt, als vielmehr vom Anleihemarkt ausgehen. Sollten die Zinsen wegen guter Konjunktur und steigender Inflation wieder anziehen, dann bringen Anleihen nicht nur völlig unattraktive Zinsen, sondern auch erhebliche Kursgefahren bei länger laufenden Titeln mit sich. Besonders amerikanische Unternehmensanleihen erscheinen dann gefährdet, da die Zinsen in den USA im historischen Vergleich besonders niedrig sind. Weil die Bilanzrelationen im Durchschnitt schon heute sehr schlecht sind, ist im Falle einer Rezession die Gefahr für Zahlungsausfälle bei Unternehmensanleihen besonders groß.

Aber auch in Europa sind Unternehmensanleihen mit noch tieferen Zinsen unattraktiv und bei Zinssteigerungen sehr gefährlich. Im Gegensatz zu den USA hat die Europäische Notenbank bisher Unternehmensanleihen für dreistellige Milliardensummen aufgekauft und so nicht nur Regierungen über den Kauf von Staatsanleihen verbotenerweise mit Kapital versorgt. Private Unternehmen sind durch diese Käufe ebenfalls subventioniert worden. Scheinbar sind dies schon Probemanöver, um bei der nächsten Rezession nicht nur insolvente Staaten über Wasser zu halten, sondern auch gefährdete europäische Unternehmen mit Billigst-Krediten zu versorgen, indem die Zentralbank auch Anleihen schlechter Bonität direkt vom Unternehmen kauft.

Wie die Finanzkrise 2007 in den USA gezeigt hat, liegen die Hauptgefahren für das Finanzsystem in der Zahlungsunfähigkeit privater Wirtschaftsteilnehmer. Denn weltweit haben es sich die Notenbanken inzwischen zur Gewohnheit gemacht, ihre eigenen überschuldeten Staatsfinanzen durch Aufkauf von Staatsanleihen zu subventionieren. Nachdem es üblich geworden ist, Staaten wie zum Beispiel Japan unbegrenzt von der Notenbank zu finanzieren, könnte es in der nächsten Krise vielleicht genauso zur Gewohnheit werden, dass Notenbanken die Unternehmen durch den Aufkauf von Unternehmensanleihen retten. Man muss sich also weiterhin auf unorthodoxe Maßnahmen einstellen. Dabei stellt sich die Frage, ob solche Aktionen nicht doch auf die Dauer zu höheren Inflationsraten führen. Denn die heutigen Manöver der Notenbanken sind nur möglich gewesen, weil die Inflationsraten nicht auf die Geldmengenschübe reagiert haben. Im Falle eines stärkeren Inflationsanstiegs können die Notenbanken mit weiterem Gelddrucken aber nicht zusätzlich Öl ins Inflationsfeuer gießen. Zudem wird sich zeigen, ob größere Wirtschaftseinbrüche oder Finanzkrisen auch dann noch von den Notenbanken erfolgreich gemeistert werden können, wenn die Inflationsraten nach oben schießen. Aktien und andere Sachwerte dürften aber in einem solchen Falle wesentlich aussichtsreicher und geschützter sein als Nominalwerte wie Anleihen. Trotz aller Unsicherheiten über die zukünftige weltweite Konjunkturentwicklung erscheint es deshalb ratsam, in aussichtsreichen Aktien investiert zu bleiben. Inflationsgefahren oder auch geopolitische Risiken dürften sich mit einer soliden Aktienanlage am besten steuern lassen.

Ungewiss bleibt auch weiterhin, welche Auswirkungen die weitestgehend unkalkulierbaren Aktionen des amerikanischen Präsidenten haben werden. Die Steuersenkung dürfte die amerikanische Konjunktur positiv beeinflussen. Bisher wuchs sie in diesem Aufschwung nur um gut 2 Prozent. Im Hinblick auf eine relativ geringe Arbeitslosenquote, allerdings mit wenig Potenzial für Beschäftigungszuwachs und eine vergleichsweise niedrige Produktivität, dürfte das Wachstum trotz der Trump-Maßnahmen auch in Zukunft begrenzt bleiben. Dies hat den Vorteil, dass die US-Notenbank wahrscheinlich nicht verstärkt auf die monetäre Bremse drücken wird, was wiederum dem Aktienmarkt helfen sollte. Die Steuersenkung wird die amerikanischen Staatsschulden in den nächsten zehn Jahren um rund 1 Billion US-Dollar erhöhen. Staatsschulden sind aber bekanntermaßen nicht das Problem für Konjunktur und Börsen, da Notenbanken weiterhin helfend eingreifen werden.

Währungsrisiken 2018 im Blick behalten

Störend könnte sich für einen neuen US-Konjunkturaufschwung ein erneuter Anstieg des Dollars auswirken. Auch die Weltkonjunktur spielt dabei eine zentrale Rolle. Zuletzt war der Anstieg der Unternehmensgewinne in den USA fast ausschließlich durch die bessere Weltkonjunktur verursacht. Die Gewinne der Inlandsunternehmen stagnierten hingegen. Eine Euro-Aufwertung wie 2017 wäre also konjunkturell und börsenmäßig Rückenwind für die Wall Street. Andererseits dürfte das Wachstum in Europa positiv überraschen, da die Zinsen und der Wechselkurs sehr wachstumsfördernd sind. Erst ein neuer Euro-Anstieg könnte Konjunktur und Börsen in Europa bremsen, in den USA andererseits fördern. Die Währungsentwicklung wird also ähnlich wie 2017 sehr wichtig sein. Die EZB wird weiterhin alles tun, um den Euro unterbewertet zu halten. Die europäische Einheitswährung ist etwa 15 Prozent zu billig gegenüber dem US-Dollar. Sollte der neue EZB-Präsident ab November 2019 die Draghi-Politik nicht fortsetzen, könnte sich der Euro allerdings dramatisch erholen. Die Börse könnte eine solche Entwicklung frühzeitig vorwegnehmen. Ein Euro-Absturz ist 2018 damit nicht zu erwarten. Vorübergehende Rückgänge sind allerdings angesichts des hohen Euro-Optimismus an den Terminmärkten wahrscheinlich. Insgesamt dürfte der in Euro denkende Anleger gut beraten sein, auch 2018 Fremdwährungen weitgehend abzusichern. Eine Ausnahme könnte der Japanische Yen bilden. Denn ähnlich wie der Euro ist der Yen gegenüber dem Dollar fundamental deutlich unterbewertet.

Tendeziell gute Aussichten für den asiatischen Aktienmarkt

Ist schon der europäische Aktienmarkt gegenüber den USA um 20 Prozent unterbewertet, so gilt dies umso mehr für die Schwellenländer-Börsen. In diese Märkte flossen 2017 Fondskäufe von insgesamt 79 Milliarden US-Dollar und damit mehr als in den letzten sieben Jahren. Dennoch haben die Schwellenländer in Dollar gerechnet ihr Hoch aus dem Jahr 2007 noch nicht wieder erreicht. Mit Blick auf die niedrigen Bewertungen sollten neue Indexsteigerungen möglich sein. Bei höheren US-Zinsen und Abwertungen von Schwellenlandwährungen gegenüber dem Dollar sind allerdings niedrigere Rohstoffpreise, inklusive Öl, und dadurch konjunkturelle Belastungen in diesen Ländern nicht auszuschließen. Auch in Asien muss deshalb zunehmend selektiv investiert werden. Die Wachstumsraten dürften aber deutlich höher bleiben als in den USA und Europa. Bei einem Dollaranstieg könnte sich die seit der Finanzkrise gewachsene Verschuldung in Dollar in diesen Ländern negativ auswirken. In Landeswährung sind dann diese Kredite schwerer zu bedienen, was konjunkturell bremsend wirkt. Viel spricht aber dafür, dass Bevölkerungswachstum und hohe Produktivität in diesen Ländern zu sehr guten Wachstumsraten führen werden, was die Aktienmärkte weiterhin tendenziell begünstigen sollte.

China auf Wachstumskurs

Die gestärkte Führung in China hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Verschuldungsprobleme in den Griff zu bekommen. Die Rückführung von Krediten der Schattenbanken einerseits und die Schuldenverminderung der Staatsunternehmen andererseits dürften daher die Wachstumsraten in China bremsen. Allerdings expandiert die Binnenwirtschaft im Bereich Konsum und Dienstleistung. Die Konsumenten sind in China nur halb so hoch verschuldet wie in den USA. Das volkswirtschaftlich hohe Wachstum sollte in diesen Sektoren folglich anhalten. Real ist China bereits heute die größte Volkswirtschaft der Welt vor den USA. Das zeigt der mit 28 Millionen gegenüber 17 Millionen Stück wesentlich höhere Autoabsatz pro Jahr. Auch das Volumen der Online-Wirtschaft ist in absoluten Zahlen, zum Beispiel beim Smartphone-Verkauf, deutlich vor den USA. Da das chinesische Bruttosozialprodukt pro Kopf der Bevölkerung bei weniger als einem Fünftel des US-Bruttosozialprodukts liegt, wird China nicht so bald an Wachstumsgrenzen stoßen. Das Land wird daher in absehbarer Zeit auch in Dollar gerechnet die größte Volkswirtschaft der Welt sein. Denkbar ist in dem Zusammenhang eine weitere Aufwertung der chinesischen Währung.

Japanische Börsen-Ampeln auf Grün

In Japan war das Wachstum pro Kopf der Bevölkerung in den letzten Jahren größer als in den meisten westlichen Volkswirtschaften, obwohl die Bevölkerung aus den bekannten demographischen Gründen schrumpft. Japans Unternehmen haben seit längerer Zeit stark in Asien investiert. Über die Hälfte der Gewinne der japanischen Unternehmen kommen bereits aus diesem Auslandssektor. Damit ist Japan trotz des nur ein Drittel so großen Exportanteils im Vergleich zu Deutschland ebenfalls stark vom Wachstum nicht nur der Weltkonjunktur, sondern auch besonders vom asiatischen Wachstum abhängig. Generell sind die asiatischen Länder heute wesentlich mehr vom China-Wachstum abhängig als vom US-Wachstum. Japans Unternehmensbilanzen zeichnen sich durch ähnlich hohe Barreserven aus wie die viel größeren US-Unternehmen. Damit besteht ein hohes Potenzial für Aktienrückkäufe. Mit Blick auf ihre Bewertung sind japanische Aktien heute am preiswertesten seit über 40 Jahren. Der Index liegt nur bei gut der Hälfte seines Standes von Ende 1989. Die Dividendenrenditen steigen deutlich und sind im Verhältnis zu den niedrigsten Zinsen der Welt absolut wie relativ besonders attraktiv. Nach den chinesischen Unternehmen waren die Gewinnsteigerungen bei japanischen Aktiengesellschaften zuletzt weltweit am stärksten. Mittelfristig erscheinen japanische Aktien deshalb besonders aussichtsreich, wobei im Gegensatz zu früheren Jahren die Währung nicht abgesichert werden sollte, denn sie erscheint im internationalen Vergleich unterbewertet. Damit dürften nicht nur Exportunternehmen, sondern auch binnenorientierte japanische Aktien aussichtsreich sein.

Sektorallokation ausgewogen aufstellen

2017 war rückblickend das Jahr der zyklischen und wachstumsstarken Aktien. Aus gutem Grund, denn der konjunkturelle Rückenwind war robust und weltweit außergewöhnlich homogen. Das Wachstum in Europa hat viele Marktteilnehmer überrascht. DJE war mit hohen Gewichtungen in Aktien aus dem Chemie-, Industrie- und Technoologiebereich gut vertreten. Die Frühindikatoren deuten zunächst auf eine Fortsetzung dieses positiven Konjunkturverlaufs. Dennoch, für das kommende Jahr sollte der Trend der zyklischen Aktien nicht einfach linear fortgeschrieben werden. Auch wenn eine alte Börsenregel besagt, dass: "Trends oft länger laufen als man glaubt", ist es ratsam, selektiver zu werden. Die Bewertungen sind in einzelnen Bereichen schon weit voraus gelaufen. Entsprechend lohnt es sich, auch die Nachzügler zu analysieren bzw. defensivere Branchen in Betracht zu ziehen. Für die Börse ist es weniger entscheidend, ob die Konjunktur gerade gut wächst, als vielmehr, mit welcher Dynamik sich die Wachstumsraten verändern. Sollte sich diese im nächsten Jahr verlangsamen, wird der Markt mit großer Wahrscheinlichkeit auch jene Branchen bevorzugen, die zuletzt als Langweiler galten. Aktien aus dem Gesundheits- oder Energiesektor wären Beispiele. Diese haben oft sogar den Vorteil, dass sie recht hohe Dividenden zahlen. Dividenden sind ein Kriterium, das 2017 nicht im Fokus der Anleger stand. Das belegen auch jüngste Umfragen. In einem Umfeld, in dem die Kurse zweistellig steigen, ist das auch verständlich. Die Präferenz für Kursgewinne ist derzeit entsprechend ausgeprägt. Wenn der Wind 2018 drehen sollte, könnten sich hier für vorsichtige, vorausschauende Investoren antizyklische Gelegenheiten bieten.

Autor:

Dr. Jens Ehrhardt,
Vorsitzender des Vorstands,
DJE Kapital AG

Dr. Jens Ehrhardt, Vorsitzender des Vorstands, DJE Kapital AG

[ Bildquelle Titelbild: © k_yu - Fotolia.com ]
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