Risiken und Chancen als Extremsportler und Unternehmer

Mehr Speed, weniger Risiko


Mehr Speed, weniger Risiko: Risiken und Chancen als Extremsportler und Unternehmer News

"Speed ist auch im heutigen Wirtschaftsleben ein Überlebensfaktor", weiß der Speed-Ski-Extremsportler und Dynafit-Geschäftsführer Benedikt Böhm aus eigener Erfahrung. Risiken bewältigen, Entscheidungen treffen, Führungsrollen übernehmen, Ziele setzen, durchhalten und vielleicht auch mal der Mut zur Umkehr sind Situationen, die sich im Geschäftsleben in gleicher Weise finden wie bei der Besteigung eines Achttausenders. Im Rahmen des RiskNET Summit 2014 stellt Böhm seine Erfahrungen im Umgang mit Extremen dar – am Beispiel der Speedbegehung des 8.163 Meter hohen Manaslu in Nepal. Bereits im Jahr 2007 versuchte Benedikt Böhm mit Sebastian Haag und dem Bergführer Nicolas Bonnet, den Manaslu zu begehen. Dabei bedeutet "Speed", dass es im maximalen Tempo bergauf und wieder bergab geht – ohne Hochlager, ohne Verpflegungsstation und ohne von Sherpas angelegte Spur zum Gipfel. Unterwegs ist Böhm nur mit minimalem Gepäck. Zwei bis drei Liter Wasser und einige Powergels müssen für 24 Stunden reichen. Kein Zelt kann im Notfall als Rückzugsort dienen. Der absolute Vorteil einer Speedbegehung ist dafür die relativ kurze Verweildauer in der "Todeszone" oberhalb von 7.000 Metern Höhe. Die "Kunst des Weglassens", Komplexitätsreduktion und ein schlankes Lager haben auch bei Dynafit höchste Priorität, so Benedikt Böhm.

Anschließend erfolgt die Abfahrt mit Skiern. Die für Böhms Strategie am Berg charakteristische Skiabfahrt trägt insbesondere dem Gedanken Rechnung, Gefahrenzonen schnell wieder zu entkommen. Dass der kleinste Fehler in solchen Extremen sofort bestraft wird, erklärt sich von selbst. Jeder Schritt bedeutet auch, Risiken einzugehen. Und 2007 wurden die Risiken aufgrund hoher Lawinengefahr zu hoch und das Projekt abgebrochen. Auf einer Höhe von 7.400 Metern, nur 150 Höhenmeter unter der sicheren Schulter des Manaslu, entschieden sich die Athleten zum Abbruch des Vorhabens. Für Benedikt Böhm ein Sieg der Vernunft. Denn Erfolge seien ein Resultat menschlicher Stärke. Nach Niederlagen immer wieder aufzustehen, sei oft die größere Leistung als der Gipfel – und das gilt sowohl für den Sportler als auch den Unternehmer. Die Bergsteigerlegende Reinhold Messner formulierte es einmal so: "Willentlich Extremsituationen herbeizuführen, um den Regeln und der Kunst des Überlebens auf die Spur zu kommen, ist also mehr als ein Experiment."

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Und doch ist Böhm kein lebensmüder Risikosportler. Bei ihm siegt in seinen Extrembegehungen vor allem die Ratio über den Leichtsinn. So erklärt es sich auch, dass er seine Unternehmungen Jahre im Voraus plant. Böhm, der hauptberuflich internationaler Geschäftsführer von Dynafit ist, dem weltweit führenden Hersteller von Skitourenausrüstungen, unternahm im Jahr 2012 einen weiteren Versuch den Manaslu zu begehen, wenn auch ungeplant. Geplant war der Aufstieg zum Cho Oyu (8188 m). Allerdings  ließen die chinesischen Behörden das Expeditionsteam nicht nach Tibet einreisen. Nun kehrten Benedikt Böhm und Sebastian Haag an den Berg zurück, an dem sie 2007 bereits scheiterten: den Manaslu. Und diesmal erreichten sie das Ziel.

Sieben Tage vor Böhms Gipfelsieg waren am Manaslu elf Menschen bei einem Lawinenunglück gestorben. Es wären wohl mehr gewesen, wären Böhm und sein Team nicht rechtzeitig da gewesen. Gemeinsam mit fünf Kameraden befand er sich in der Nacht des Unglücks in der Nähe von Hochlager 3, auf etwa 6400 Metern Höhe. 15 Minuten nach der Lawine erreichte die Gruppe das Lawinenfeld und versorgte bis zum Morgen Verletzte und barg Tote. Alle anderen Verwundeten wurden von Helikoptern abtransportiert - und überlebten. Die gute Nachricht erreichte die Ersthelfer noch am selben Abend im Basislager. "Es tat gut zu hören, dass das da oben nicht alles umsonst gewesen war", sagt Böhm. "Das hat uns wieder aufgebaut."

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Kurzfristig verlieren, langfristig gewinnen

Auf dem RiskNET Summit 2014 wies Böhm darauf hin, dass er sich bewusst sei, dass er auf seinem Weg als Skibergsteiger häufiger scheitern werde, als erfolgreich zu sein. "Ich nehme diese Einsicht als selbstverständlich in den Beruf mit. Die Angst davor, Fehler zu machen, fördert die Angst davor, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Durch berufliche Fehler habe ich zwar kurzfristig verloren, aber langfristig meist gewonnen – sofern die Fehler reflektiert werden," ergänzt Böhm. Aus vermeintlichen Niederlagen gestärkt hervorgehen kann nur, wer sich selbst ehrlich betrachtet und bereit ist, die Ursachen für die Misserfolge zu korrigieren. Diese Erkenntnis sollten auch Unternehmensentscheider und Risikomanager beherzigen: Denn wer arbeitet, macht Fehler. Wer viel arbeitet, macht mehr Fehler. Nur wer die Hände in den Schoß legt, macht gar keine Fehler. Dieses Zitat vom deutschen Industriellen und Erfinder Alfred Krupp ist mehr als 120 Jahre alt und hat doch bis heute seine volle Gültigkeit. Oft wird von Unternehmen die zweite Chance vergessen, nämlich das Lernen aus der Krise.

Auf die Frage, was Benedikt Böhm aus dem Speedbergsteigen für die Führung des Unternehmens Dynafit ableitet, antwortete er mit den Werten "Speed", "Lightness", "Performance" und "Technology". Daher symbolisiert auch ein Schneeleopard das Markenlogo von Dynafit: Der Schneeleopard bewegt sich mit Geschwindigkeit und Eleganz in den höchsten Gipfeln der Welt und stellt somit ein ideales Vorbild für ambitionierte Sportler dar.

Benedikt Böhm diskutierte auf dem RiskNET Summit 2014 das Thema

"Speed ist nicht nur sein Motto am Berg, sondern auch im Beruf beim Aufnehmen neuer Tendenzen und Inhalte, und er setzt schnell um," ergänzt Heinrich Oberrauch, der Seniorchef der Oberalp AG, der Dachgesellschaft der renommierten Bergsportmarken Salewa, Silvretta und Dynafit.

Berge als Konstante im Leben

Und Böhm resümiert in seinem Buch "Im Angesicht des Manaslu": "Die Berge sind die größte Konstante in meinem Leben, da sie immer da sind. Mit zunehmender Erfahrung wird man sich seiner Verantwortung bewusst, und die unreflektierte Risikobereitschaft sinkt rapide. Ich denke, dass ich in vielerlei Hinsicht einen natürlicheren Umgang mit dem Tod habe, als es um mich herum üblicherweise der Fall ist."

Benedikt Böhm:

[ Bildquelle Titelbild: RiskNET GmbH, Stefan Heigl ]
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