Der Weg zu Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit

Währungspolitik und Wirtschaftsentwicklung in Nachkriegsdeutschland


Jungen, Peter, Zhu, Min, Zhou, Hong (Hrsg.): Währungspolitik und Wirtschaftsentwicklung in Nachkriegsdeutschland, Der Weg zu Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit, Springer Gabler Verlag, 38 Seiten, Wiesbaden 2014, ISBN 978-3-658-02072-9 Rezension

Als im September 1953 das Londoner Schuldenabkommen in Kraft trat, die die gigantische deutsche Auslandsverschuldung aus der Vor- und Nachkriegszeit regelte, war noch nicht absehbar, dass die Deutsche Mark sich zur zweitwichtigsten internationalen Währung entwickelt und zu einem Stabilitätsanker für ganz Westeuropa wurde.

Die Erfolgsgeschichte der damaligen Bundesrepublik Deutschland kann wie folgt skizziert werden:

  • Die prosperierende Entwicklung der Nachkriegszeit ist exportgetrieben.
  • Die Unterbewertung der DM verschaffte den Exportunternehmen einen   Handelsvorteil, den diese zu nutzen wussten.
  • Forderungen nach Aufwertung der DM gegenüber den anderen Währungen wurde immer wieder erhoben.
  • Die Bundesrepublik Deutschland entwickelte sich vom Schuldner zu einem   Hauptwährungsgläubiger.

Ob eine "Währungsabwertung eine Maßnahme ist, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern oder ob eine Aufwertung sowohl die Exportentwicklung als auch die deutsche Wettbewerbsfähigkeit eher verschlechtert, war Gegenstand damaliger Diskussionen. Gegenwärtige Diskussionen von der Europäischen Zentralbank sowie Währungsvertretern aus China zeigen, dass das Thema nach wie vor aktuell ist.

Auch der chinesischen Regierung wird vorgeworfen, den Renminbi bewusst unterzubewerten. Mit 3,8 Bill. US-Dollar hält China weltweit die höchsten Devisenreserven und ist Hauptgläubiger, vor allem gegenüber den USA. Es ist Exportweltmeister vor den USA und Deutschland. Anhaltend hohe Wachstumsraten führen zu einem stetigen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts.

Insofern überrascht es nicht, dass China sich intensiver mit der Entstehung und Entwicklung der Währungspolitik in der Bundesrepublik nach dem zweiten Weltkrieg auseinandersetzt. Das vorliegende Buch "Währungspolitik und Wirtschaftsentwicklung in Nachkriegsdeutschland" war ursprünglich nur für den chinesischen Markt vorgesehen. Dank den Herausgebern und dem Springer Gabler Verlag liegt das Buch nun auch in deutscher Sprache vor.

Die ökonomische Entwicklung nach dem zweiten Weltkrieg ist Inhalt des ersten Teils. Innerhalb der westlichen Welt setzte sich, gefördert durch den US-amerikanischen Einfluss, die Marktwirtschaft und die Liberalisierung durch. Die westdeutsche Wirtschaft passte sich diesem System erfolgreich an. Die politische und ökonomische Integration innerhalb Europa und den USA wurde stetig ausgebaut. Außenpolitik war zugleich auch immer Währungspolitik und Währungspolitik war zugleich immer Außenpolitik. Zwei Zeitperioden lassen sich unterscheiden. Die Periode fester Wechselkurse von 1952 bis 1973 und die Periode ab 1973. Mit dem Zusammenbruch des Bretton Woods Systems im Jahr 1973 begann eine neue Epoche der Währungspolitik. Die Globalisierung nahm beschleunigt Fahrt auf. Internationale Koordination der Wirtschaftspolitik war zunehmend geboten. Die Nationalökonomie stieß schon damals an ihre Grenzen.

Wer eine systematische Analyse der damaligen währungspolitischen Kontroverse sucht, wird im zweiten Teil: "Beiträge aus dem aktuellen zeitgenössischen Kontext der Aufwertungsdebatte" fündig. Der Leser erfährt, wie in der damaligen Zeit geldpolitische Entscheidungen begründet wurden.

Der dritte Teil beinhaltet drei Beiträge von Otmar Emminger, ehemals Präsident der Bundesbank. Als Zeitzeuge verdeutlicht Emminger die Sichtweise der Bundesbank. Endogene und exogene Faktoren stellten die Bundesregierung und Bundesbank immer wieder vor neuen Herausforderungen und Entscheidungen.

Neue geldpolitische Konzepte und Instrumente wurden entwickelt. Dabei hatte für die Bundesbank das Ziel Geldwertstabilität immer Priorität. Auch wenn die Auffassungen und Ansichten zur Lösung der Probleme zwischen Regierung und Bundesbank nicht immer konform waren, die Unabhängigkeit der Bundesbank bei ihren geldpolitischen Entscheidungen blieb unangetastet.

Im vierten und letzten Teil befassen sich mehrere Beiträge aus dem Blickwinkel verschiedener Perspektiven mit der Geldpolitik aus zeitlicher Distanz. Der Beitrag: "Die internationale Rolle der Deutschen Mark" analysiert die Kriterien, die den wirtschaftlichen Erfolg möglich machten. Offensichtlich gelang es in der Periode fester Wechselkurse, die Realisierung wirtschaftspolitischer Ziele bis zum Zusammenbruch des Bretton Woods Systems in der Bundesrepublik weit besser zu erreichen, als nach 1973. Die Liberalisierung der Finanzmärkte ermöglichte Währungsspekulationen und erforderte neue geldpolitische Instrumente zur Eindämmung von Inflationsgefahren. Nationales Handeln war nicht mehr ausreichend, um globale ökonomische Verwerfungen einzudämmen. Eine intensivere länderübergreifende Koordination bezüglich Geld- und Wirtschaftspolitik war erforderlich. Der Euro wurde aus der Taufe gehoben.

Zusammenfassend kommen die Herausgeber zu der Einschätzung, dass die Erfahrung lehrt: "Eine abrupte Aufwertung könnte gefährlich, ein permanenter leichter Aufwertungsdruck hilfreich sein, weil er wie eine Produktivitätspeitsche wirkt". Eine innovative und offene Gesellschaft, hoher Bildungsstandard und  hohe Qualität der Produkte sind unabdingbare Voraussetzungen.

Fazit: Ein intelligentes und lesenswertes Buch, dem eine hohe Aufmerksamkeit zu wünschen ist.

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